updated: May 2019 deutsch

Verantwortungsvolles Züchten

Die Zucht von Rassekatzen ist schon seit Jahrhunderten eine Leidenschaft des Menschen. Züchten ist zum einen Teil Wissenschaft, zu einem grossen Teil jedoch Kunst und kombiniert mit stetigem Wissensdrang und absoluter Hingabe bietet es eine aufregende Herausforderung und kann das Beste in der Beziehung zwischen Mensch und Katze hervorbringen! Ethisches und verantwortungsvolles Züchten heisst, das Ziel vor den Augen zu haben, Nachkommen zu erzeugen, welche besser als ihre Eltern sind! Um dies zu erreichen, müssen die Zuchtkatzen auf den Grundlagen von Gesundheit, Temperament, Rassestandard und Geschichte ausgewählt werden. Verpaart man einfach zwei Katzen miteinander, ohne sich über dieses Verbesserungsprinzip Gedanken zu machen, hat das nichts mit Züchten zu tun, sondern kann schlicht „Vermehrung von Katzen“ genannt werden!

Will man also eine verantwortungsvolle Zucht beginnen und die Rasse nicht einfach zahlenmässig vermehren, muss man sich bewusst sein, dass das eine kostspielige und zeitraubende Beschäftigung ist und dass Freud und Leid oft sehr nahe beieinander liegen! Man muss auch bereit sein, für viele Jahre eine grosse Verantwortung für die Zuchttiere genauso wie für die daraus entstehenden Nachkommen zu übernehmen, auch wenn diese schon längst ein neues Heim gefunden haben! Ein ethischer und verantwortungsvoller Züchter gibt keine unkastrierten Tiere an Leute ab, ohne sich vorher zu vergewissern, dass diese sich umfassend über die ernste Herausforderung und Verantwortung informiert haben, die das Halten von reproduktionsfähigen Tieren mit sich bringt. Manchmal äussern Leute den Wunsch, „nur einmal einen Wurf zu machen, damit die Kinder einmal eine richtige Geburt miterleben können“. So etwas sollte nie unterstützt oder toleriert werden. Um einen Wurf von Katzen richtig und erfolgreich aufzuziehen, braucht es Fachkenntnisse. Und für die Gesundheit der Katze ist es absolut nicht notwendig, dass diese einmal getragen hat, bevor sie kastriert wird.

Verantwortungsvolles Züchten heisst auch, sich auf Lebzeiten dem Lernen zu verschreiben, um alles über die Rasse, deren Verhalten  und die Gesundheit und Genetik der Katze im allgemeinen zu erfahren.

Ein verantwortungsvoller Züchter schliesst sich auch einer Katzenorganisation seiner Wahl an und kennt deren Regeln und Vorschriften.

Wie muss man nun also beginnen, um ein verantwortungsvoller Züchter und Experte zu werden?

Zuerst muss man sich natürlich darüber im Klaren sein, welche Rasse man wählen möchte, derer man sich die nächsten paar Jahrzehnte mit Freude und Leidenschaft widmen möchte.
Der nächste Schritt ist es, einen Züchter seiner Rasse zu finden und ihm seine Absicht offen kundzutun. Ist es ein verantwortungsvoller Züchter, wird er keineswegs gerade ein Zuchttier offerieren. Im Gegenteil, er wird zuerst das Gespräch suchen, viele Fragen stellen und u.a. genau das sagen, was schon eingangs geschrieben wurde. Hat er das Gefühl, dass man es ernst mein und den Herausforderungen gewachsen sein könnten, wird er vielleicht ein schönes Kastrat offerieren und empfehlen, zuerst mal die Katzenwelt „von Aussen“ kennen zu lernen und mit dem Kastraten Ausstellungen zu besuchen. Hat er selbst gerade kein Kastrat für diesen Zwecke verfügbar, wird er vielleicht an einen Züchterfreund verweisen.

Wie auch immer, wichtig ist es, dass man als erstes verschiedene Katzenveranstaltungen besucht - möglichst verschiedener Dachorganisationen - um sich ein Bild machen zu können, welchem Verein man schliesslich beitreten möchte. An den Ausstellungen hat man auch die Möglichkeit, die verschiedenen Exemplare seiner Rasse zu studieren, man kann sehen, welche Tiere erfolgreich sind und welche nicht,  und man kann die dazugehörenden Züchter kennen lernen. Jede Dachorganisation hat einen Rassestandard für jede Rasse ausgearbeitet, und den gilt es zu studieren, da er die offizielle Version des „perfekten“ Exemplars der Rasse darstellt und einer der Zuchtgrundlagen für den Züchter bilden soll.  Man wird an den verschiedenen Ausstellungen feststellen, dass sich das Aussehen der Tiere manchmal erheblich unterscheidet. Ein Rassestandard lässt in den meisten Fällen durchaus Raum für „züchterische Interpretation“, die wirklichen Fehler sind meist ganz genau formuliert. Hat man dann seinen bevorzugten „Typ“ gefunden, gilt es, mit den entsprechenden Züchtern in Kontakt zu treten. Man sollte versuchen, die Stammbäume dieser Katzen kennen zu lernen und diese zu studieren, um zu verstehen, wie das Zuchtziel erreicht wurde. Vielleicht ist jetzt auch der richtige Zeitpunkt gekommen, einem oder mehreren Rasseclubs im In- und Ausland beizutreten, da diese weitere Kontakte und natürlich auch Informationen bieten können. Es gibt auch meistens mehrere Internetforen, die sich den spezifischen Rassen widmen. Man sollte diesen auf jeden Fall beitreten, auch wenn man im Moment vielleicht noch nichts beitragen kann.

Nach einer gewissen Zeit (das können etliche Monate bis Jahre sein, je nachdem, wie intensiv man sich mit der Materie befasst hat) wo man sich vertieft und hautnah mit der Rasse und deren Züchter hat befassen können, wird sich langsam aber sicher herauskristallisiert haben, mit welchen Linien und Farben man seine Zucht begründen möchte. Man wird sicherlich auch schon einige Kontakte geschlossen haben. Nun gilt es, seinen ersten Mentor zu finden. Denn ohne Mentor ist es in der Regel fast unmöglich, ein Zuchttier von einem verantwortungsvollen und erfolgreichen Züchter zu bekommen. Also, wie kommt man zu einem Mentor?

Da man ja jetzt wesentlich konkretere Vorstellungen hat, wie und mit was man seine Zucht begründen möchte, geht kein Weg darum herum, sich an den oder die Züchter zu wenden, welche die Qualität bieten können, die man gerne selber weiter entwickeln möchte. Vielleicht hat man das Glück, dass man das vorerwähnte Kastrat bekommen hat und gerade dieser Züchter das besitzt, womit man seine Zucht begründen möchte. Indem man sein gezüchtetes Tier erfolgreich an Ausstellungen präsentiert hat, hat man eine gute Basis geschaffen, sein Vertrauen zu gewinnen und vielleicht schlägt er sogar selber vor, unter seiner Aufsicht und Anleitung  das erste Zuchttier zu bekommen. Falls man noch keine Gelegenheit hatte, bis dahin ein Kastrat auszustellen, ist es eine gute Gelegenheit, mit diesem Wunsch an den ausgesuchten Züchter zu treten. Er wird beeindruckt sein, dass man nicht gerade „voll loslegen“ will.

Auf jeden Fall muss man sicht bewusst sein, dass man ohne die Hilfe von renommierten und verantwortungsvollen Züchtern sehr schwierig selber eine erfolgreiche Zucht aufbauen kann. Also muss man alles daran setzen, das Vertrauen eines oder mehrer Züchter zu finden, die gewillt sind und die Zeit haben, als Mentor mit einem zu arbeiten. Das setzt natürlich voraus, dass man gewillt ist, zuzuhören, zu lernen,  Ratschläge anzunehmen und zu befolgen oder mit anderen Worten, ein guter Schüler zu sein! Ein guter Mentor auf der anderen Seite wird seinen Schüler darauf vorbereiten, irgendeinmal selber Entscheidungen treffen zu können und vielleicht sogar als neuen Zuchtpartner aufnehmen.

Zum Schluss möchte ich noch anhängen, dass ein verantwortungsvoller Züchter nie ausgelernt hat. Also nie aufhören, Fragen zu stellen, Bücher und Fachzeitschriften zu lesen, sich mit anderen Züchtern (nicht notwendigerweise nur von derselben Rasse) austauschen, weiterhin Ausstellungen besuchen, vielleicht aktiv in einem Club mitwirken, etc. etc. und vielleicht sogar selber mal ein guter Mentor für einen ernsthaft interessierten Neuling sein.

 

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